Teilnehmerbericht vom 9. Palliativfachtag 2022

Im Zusammenhang mit unseren Pal­li­a­tiv­fach­ta­gen sind die von Frau Kerstin de Schultz vom Hos­piz­ver­ein Leip­zig e.V. ver­fass­ten Fach­tags­be­rich­te nicht mehr weg­zu­denken. Wir freu­en uns sehr über den um­fang­rei­chen Be­richt zu un­se­rem dies­jäh­ri­gen 9. Pal­li­a­tiv­fach­tag, der die­sen Mo­nat auch im Rund­brief des Hos­piz­ver­eins Leip­zig e.V. er­schei­nen wird. An die­ser Stel­le möch­ten wir uns noch ein­mal herz­lich bei Kers­tin de Schultz für das Fest­hal­ten ih­rer po­si­ti­ven Ein­drüc­ke be­dan­ken.

Zu­gleich möch­ten wir auch den Ter­min im nächs­ten Jahr vor­ab be­kannt ge­ben. Der 10. Pal­li­a­tiv­fach­tag wird am 13.09.2023 im Klos­ter Nimb­schen statt­finden.

9. Palliativfachtag im Kloster Nimbschen am 14. September 2022

Fachtagsimpression

9. Palliativfachtag 2023

Endlich! Nach zwei Jah­ren Pau­sen aus be­kann­ten Grün­den durf­ten wir uns wie­der auf einen Pal­li­a­tiv­fach­tag freu­en. In be­währ­ter Wei­se vom Pal­li­a­tiv­netz­werk Leip­zig und Um­ge­bung e.V. or­ga­ni­siert, fan­den in den wun­der­ba­ren Räum­lich­kei­ten des Klos­ters Nimb­schen am Vor­mit­tag ver­schie­de­ne Work­shops und am Nach­mit­tag das ge­mein­same Sym­po­sium statt. Dass die Work­shops bereits kurz nach Ver­öf­fent­li­chung der The­men aus­gebucht wa­ren, zeugt er­neut da­von, dass die Ver­an­stal­ter mit der The­men­wahl gro­ßes In­te­res­se ge­weckt hat­ten. Zum Glück für al­le Zu­hö­rer be­gann das Sym­po­sium, nach der Be­grü­ßung durch Frau Ber­ger als Vor­stands­vor­sit­zen­de, mit einer Zu­sam­men­fas­sung al­ler Work­shops.

Aroma­ex­per­tin Tuu­la Mis­feld ließ es dies­mal in den Klos­ter­räu­men duf­ten. Nach theo­re­ti­scher Ein­füh­rung in das The­ma „Aroma­the­ra­pie in der Pal­li­a­tiv­pfle­ge“ lock­te sie ih­re Teil­neh­mer mit Duft­pro­ben, um schließ­lich ei­nen ei­ge­nen Roll-on mit ver­schie­de­nen äthe­ri­schen Ölen her­zu­stel­len. So nahm je­de(r) ne­ben span­nen­den Er­kennt­nis­sen sei­nen per­sön­li­chen Duft­fa­vo­ri­ten mit nach Hau­se, der „Duft­flow“ wurde also buch­stäb­lich ins Rollen ge­bracht, wie es ein Teil­neh­mer für sich formulierte.

Um Trau­er bei Kin­dern ging es in ei­nem wei­te­ren Work­shop. Ka­t­rin Gärt­ner, Grün­de­rin und Ge­schäfts­füh­re­rin von Wolfs­trä­ne e.V., war es vor al­lem wich­tig, die Angst und Un­si­cher­heit da­vor zu neh­men, Kin­der in ih­rer Trau­er zu be­glei­ten. Da­zu zeig­te sie auf, wel­che Sicht­wei­sen und Re­ak­tio­nen Kin­der ent­wic­keln kön­nen, die ei­nen Men­schen aus ih­rem un­mit­tel­ba­ren Um­feld ver­lo­ren ha­ben und wie da­rauf auf al­len Ebe­nen kind­ge­recht re­a­giert wer­den kann. Spä­ter im Sym­po­si­um be­rich­te­te Frau Gärtner noch­mals aus der täg­li­chen Ar­beit ih­res Ver­eins.

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Palliativmedizin bei neurologischen Erkrankungen – Ethikberatung

Mit ei­nem hoch ak­tuel­len und auch hoch emo­tio­na­len The­ma war­te­te Frank Hirsch­korn, Fach­an­walt für Me­di­zin­recht, auf. Selbst­be­stimm­tes Ster­ben wird der­zeit – wie­der ein­mal- po­li­tisch und auch ge­sell­schaft­lich äu­ßerst kon­tro­vers dis­ku­tiert. Mit dem Ur­teil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes im Jahr 2020 er­folg­te die Auf­he­bung des Ver­bo­tes ge­werbs­mä­ßi­ger Su­i­zid­as­sis­tenz. Dies be­deu­tet, dass mo­men­tan Hil­fe zum Su­i­zid „schran­ken­los“ mög­lich ist. Nun ist der Ge­setz­ge­ber ge­for­dert, ei­ne Re­ge­lung zu tref­fen, die das Recht auf selbst­be­stimm­tes Ster­ben si­chert und gleich­zei­tig ei­nem aus­schließ­lich ge­schäfts­mä­ßi­gen, auf mo­ne­tä­rem In­te­res­se fu­ßen­den Bei­stand zum Su­i­zid Ein­halt ge­bie­tet. Auch soll der ge­sell­schaft­li­chen Nor­ma­li­sie­rung der Selbst­tö­tung so­wie der Bei­hil­fe da­zu ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den. Im Bun­des­tag ist ein frak­tions­über­grei­fen­der Pro­zess in Gang ge­setzt, die Ab­ge­ord­ne­ten fol­gen also in der Ent­schei­dung ih­rem Ge­wis­sen und un­ter­lie­gen kei­nem Frak­tions­zwang.

Zu­letzt über­nahm Frau Ber­ger für Ja­na Schmidt, Fach­the­ra­peu­tin für Wun­den und Schmerz­ex­per­tin aus dem Wund­zen­trum der Mul­den­tal­kli­ni­ken, die Zu­sam­men­fas­sung zu de­ren Work­shop. Frau Schmidt be­sprach mit den Teil­neh­mern mög­li­che Ur­sa­chen chro­ni­scher Wun­den und de­ren pha­sen­ge­rech­te Ver­sor­gung. Es ging um ver­schie­de­ne Wund­auf­la­gen, be­las­ten­de Symp­to­me wie Ge­ruch und Schmerz und die an­ge­mes­se­ne Be­hand­lung. Ziel jeg­li­cher In­ter­ven­tio­nen muss es sein, die Le­bens­qua­li­tät des Pa­tien­ten zu er­hal­ten. Im pal­li­a­ti­ven Set­ting ist ei­ne kom­plet­te Wund­hei­lung häu­fig nicht mehr er­reich­bar, im Mit­tel­punkt steht da­her die Symp­tom­lin­de­rung.

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Hand­lungs­op­tio­nen

Den ers­ten Bei­trag des Sym­po­si­ums hör­ten wir von Dr. Ale­xan­der Reins­ha­gen, Neu­ro­lo­ge in den Sa­na-Kli­ni­ken Leip­zi­ger Land / Bor­na. Er ver­ant­wor­tet dort auch die Ethik­be­ra­tung, war maß­geb­lich am Auf­bau des Ethik­fo­rums be­tei­ligt. So lag der Schwer­punkt sei­ner Aus­füh­run­gen auf ethi­schen Fra­gen, die er an­hand von Pa­tien­ten­bei­spie­len aus dem Kli­nik­all­tag äu­ßerst ein­drucks­voll dar­stell­te. Ge­ra­de bei Pa­tien­ten mit neu­ro­lo­gi­schen Er­kran­kun­gen wie ALS, Apo­ple­xie, Hirn­in­fark­ten oder –blu­tun­gen soll­ten Ent­schei­dun­gen für oder ge­gen me­di­zi­ni­sche Ein­grif­fe nicht pau­schal ge­trof­fen wer­den. Der Pa­tient selbst ist in der aku­ten Si­tu­a­tion in der Re­gel nicht ent­schei­dungs­fä­hig.

An­ge­hö­ri­ge sind nicht sel­ten über­for­dert und kaum in der La­ge, ra­tio­nal im Sin­ne des Pa­tien­ten zu ent­schei­den. Hilf­reich ist das Vor­lie­gen ei­ner Pa­tien­ten­ver­fügung, die mög­lichst klar und aus­führ­lich die Wün­sche hin­sicht­lich Be­hand­lung, ide­a­ler­wei­se aber auch der Vor­stel­lung von Le­bens­qua­li­tät ab­bil­det. Doch selbst bei Vor­han­den­sein die­ser Er­klä­rung wird oft deut­lich, dass in­ner­halb der Fa­mi­li­en kaum ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den The­men schwe­rer Er­kran­kung und Le­bens­en­de statt­ge­fun­den hat. Ge­nau das er­schwert im­mer wie­der die Ent­schei­dung der Me­di­zi­ner. Als Arzt und Ethi­ker stellt sich Dr. Reins­ha­gen im­mer die Fra­ge, ob ei­ne Maß­nah­me ge­eig­net ist, um Be­hand­lungs­zie­le zu er­rei­chen – da­zu muss na­tür­lich klar sein, wel­ches Ziel das über­haupt sein soll. An die­ser Stel­le kam es zu ei­nem in­te­res­san­ten Zwi­schen­ruf durch Herrn Hirsch­korn, dem Me­di­zin­recht­ler. Er hin­ter­frag­te, ob es da­bei auch um rein per­sön­li­che Be­lan­ge ge­hen kön­ne, nach­dem der Neu­ro­lo­ge das Bei­spiel ei­ner be­vor­ste­hen­den Hoch­zeit in der Fa­mi­lie be­nann­te. Als Ethi­ker be­kräf­tig­te Dr. Reins­ha­gen das aus­drück­lich, ja, im Sin­ne der Au­to­no­mie des Pa­tien­ten kann auch die­ses rein per­sön­li­che Er­eig­nis ei­ne In­di­ka­tion zur Be­hand­lungs­ent­schei­dung sein. Da­bei be­ton­te er gleich­zei­tig die Wich­tig­keit, re­gel­mä­ßig mit dem Pa­tien­ten über The­ra­pie­zie­le und auch de­ren Be­gren­zung zu spre­chen.

Ich habe mir im Ver­lauf des si­cher für al­le Zu­hö­rer be­ein­druc­ken­den Vor­tra­ges ei­ni­ge Sät­ze des Re­fe­ren­ten no­tiert, die ich hier gern wie­der­ge­ben möch­te. Aus mei­ner Sicht ver­deut­li­chen sie her­vor­ra­gend so­wohl das Di­lem­ma als auch die Chan­cen ethi­scher Fra­ge­stel­lun­gen.

  • „Ethik braucht Mut!“
  • „Uns macht es das Le­ben schwer, dass die End­lich­keit des Le­bens kaum ei­ne Rol­le spielt.“
  • „Bitte hel­fen Sie uns zu ver­stehen, was Ihr An­ge­hö­ri­ger ge­wollt hät­te.“
  • „Was be­deu­tet Al­les tun? Wir soll­ten nicht das Mach­ba­re, son­dern das für den Pa­tien­ten Er­reich­ba­re tun.“

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Entwicklungsaufgaben

Der nächs­te Bei­trag folg­te eben­falls dem The­ma Ethik. Pfle­ge­wis­sen­schaft­le­rin Mir­jam Staf­fa stell­te ein Pro­jekt zum Auf­bau ei­ner am­bu­lan­ten Ethik­be­ra­tung vor. Auch sie un­ter­strich ih­re Aus­füh­run­gen mit ver­schie­de­nen Fall­bei­spie­len. Frau Staf­fa ver­or­tet die Ethik­be­ra­tung un­ter der Fra­ge­stel­lung: „Ist das ei­gent­lich noch rich­tig, was wir tun?“ Da­bei stellt sie ei­nen Pro­zess dar, an des­sen En­de ein Kon­sens ste­hen soll­te. Sie kann mo­de­rie­ren, aber kei­ne Ent­schei­dung tref­fen. Im Ar­beits­all­tag set­zen sich al­le beim Pa­tien­ten Tä­ti­gen stän­dig mit ethi­schen Fra­ge­stel­lun­gen aus­ein­an­der, teils si­cher un­be­wusst. Auch dann geht es um die Fra­ge: Ist das hier rich­tig? Wenn da­bei in­ne­re Kon­flik­te ent­ste­hen, die nicht auf­ge­löst wer­den, Pfle­gen­de be­stän­dig in mo­ra­li­schen Stress ge­ra­te, kann dies kör­per­li­che Be­schwer­den wie Schlaf­man­gel, Kopf- und Rüc­ken­schmer­zen oder De­pres­sio­nen zur Fol­ge ha­ben. Die Re­fe­ren­tin nann­te ei­ni­ge Si­tu­a­tio­nen, die zu Kon­flik­ten im Pfle­ge­all­tag füh­ren und ethi­scher Be­ra­tung be­dür­fen:

  • Im­pfun­gen bei prä­fi­na­len Klien­ten
  • zwangs­wei­se Durch­set­zung me­di­zi­ni­scher Maß­nah­men
  • Vor­ent­hal­ten ei­ner vor­han­de­nen Pa­tien­ten­ver­fü­gung durch An­ge­hö­ri­ge
  • PEG-An­la­ge ohne In­di­ka­tion
  • Zwang zur Ak­ti­vie­rung ge­gen den Wil­len des Be­woh­ners/Pa­tien­ten
  • Ra­tio­nie­rung von Le­bens­mit­teln bei Pa­tien­ten mit Di­a­be­tes oder die Ver­wei­ge­rung der Schmerz­the­ra­pie durch die An­ge­hö­ri­gen…

Ethik­be­ra­tun­gen fin­den wir der­zeit vor­wie­gend in den Kli­ni­ken. Frau Staf­fa wirkt beim Auf­bau einer am­bu­lan­ten Ethik­be­ra­tung in Sach­sen mit. An dieses Netzwerk (www.ambulante-ethikberatung-sachsen.de) kön­nen sich Rat­su­chen­de wen­den und sich in schwie­ri­gen Si­tu­a­tio­nen bei ei­ner Ent­schei­dungs­fin­dung Un­ter­stüt­zung ho­len. Gleich­zei­tig sol­len der Auf­bau be­ra­ten­der Struk­tu­ren vor Ort ge­för­dert und Mul­ti­pli­ka­to­ren fort­ge­bil­det wer­den.

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Teilnehmerperspektive

El­mar Paa­sche, Di­plom­psy­cho­lo­ge am He­li­os-Park­kli­ni­kum Leip­zig, er­läu­ter­te uns im an­schlie­ßen­den Vor­trag die Mög­lich­kei­ten von Psy­cho­on­ko­lo­gie und Pal­li­a­tiv­psy­cho­lo­gie in der Be­glei­tung von Pa­tien­ten und An­ge­hö­ri­gen. Psy­cho­on­ko­lo­gen un­ter­stüt­zen Tu­mor­pa­tien­ten in der Krank­heits­be­wäl­ti­gung, ver­su­chen die (see­li­schen) Be­las­tun­gen zu lin­dern, Kraft­quel­len auf­zu­spü­ren. Die Be­ra­tung kann ein­ma­lig oder re­gel­mä­ßig er­fol­gen. Sie stellt ein nie­drig­schwel­li­ges An­ge­bot dar, dass auch die An­ge­hö­ri­gen ein­be­zieht. Pal­li­a­tiv­psy­cho­lo­gie er­fasst die psy­cho­lo­gi­schen As­pek­te in der pal­li­a­ti­ven Si­tu­a­tion. Der Psy­cho­lo­ge ist Teil des mul­ti­pro­fes­sio­nel­len Teams in der am­bu­lan­ten und sta­tio­nä­ren Pal­li­a­tiv­ver­sor­gung. Ab­zu­gren­zen ist die­ses Ar­beits­feld zur Psy­cho­the­ra­pie: es geht nicht um psy­cho­pa­tho­lo­gi­sche oder psy­chi­a­tri­sche Stö­run­gen, son­dern um psy­chi­sche Be­las­tungs­symp­to­me auf­grund der schwe­ren, le­bens­be­droh­li­chen Er­kran­kung. Da­bei er­scheint es sinn­voll, mög­lichst früh­zei­tig Un­ter­stüt­zung zu er­hal­ten, um prä­ven­tiv zu a­gie­ren. Be­ra­tun­gen im wei­te­ren Krank­heits­ver­lauf, bei deut­li­chen Ver­än­de­run­gen der Si­tu­a­tion oder auch Kri­sen­in­ter­ven­tio­nen sind eben­so mög­lich.

Herr Paa­sche schau­te in sei­nem Vor­trag auf den Pa­tien­ten und des­sen mög­li­che psy­chi­sche Re­ak­tio­nen in der pal­li­a­ti­ven Pha­se der Er­kran­kung. Da­zu kön­nen Ver­bit­te­rung, Über­for­de­rung und Sinn­ver­lust eben­so ge­hö­ren wie der Wunsch zu ster­ben oder die Er­kun­dung ei­ner Le­bens­bi­lanz. Die An­ge­hö­ri­gen be­zieht der Psy­cho­lo­ge ein und sieht die­se in ih­rer Dop­pel­rol­le: Sie sind Hilfs­per­son (für den Patienten) und gleich­zei­tig Mit­be­trof­fe­ne, selbst „Hil­fe­be­dürf­ti­ge“. Sie sind in stän­di­ger Prä­senz und in Sor­ge um ih­ren Pa­tien­ten, ent­wic­keln nicht sel­ten Zu­kunfts­ängs­te, müs­sen den All­tag or­ga­ni­sie­ren, se­hen sich kon­fron­tiert mit dem be­vor­ste­hen­den Ab­schied. Die Mög­lich­kei­ten der psy­cho­lo­gi­schen Un­ter­stüt­zung kön­nen per­so­nen- und sys­tem­zen­triert sein, bie­ten nach Be­darf Ent­span­nungs­tech­ni­ken oder auch Hyp­no­se. Für ei­nen ganz­heit­li­chen Be­hand­lungs­an­satz ist die in­ter­dis­zi­pli­nä­re Zu­sam­men­ar­beit es­sen­ziell, wo­bei der Psy­cho­lo­ge na­tür­lich der Schwei­ge­pflicht un­ter­liegt und das Ein­ver­ständ­nis des Kli­en­ten be­nö­tigt. El­mar Paa­sche sieht sich als Ko­or­di­na­tor, Mo­de­ra­tor und Me­di­a­tor, der mit­füh­lend, je­doch nicht mit­lei­dig ge­gen­über Pa­tien­ten und An­ge­hö­ri­gen auf­tre­ten soll­te. Um die ho­he psy­chi­sche Be­las­tung al­ler Be­glei­ter in der pal­li­a­ti­ven Si­tu­a­tion zu kom­pen­sie­ren, ist Su­per­vi­sion un­er­läss­lich.

Mit Pa­tien­ten­bei­spie­len ver­deut­lich­te uns der Psy­cho­lo­ge, wie hilf­reich und ent­las­tend sei­ne Un­ter­stüt­zung wir­ken kann. Da­bei be­gibt er sich ge­mein­sam mit dem Pa­tien­ten im­mer wie­der auf „Spu­ren­su­che“, er­kun­det Kraft­quel­len und Res­sour­cen. Mit Fra­gen nach der Le­bens­ge­schich­te, den per­sön­lich wich­ti­gen Din­gen und Er­eig­nis­sen im Le­ben oder dem „Wunsch­le­bens­al­ter“ führt er zum Nach­den­ken, wie zu­sätz­li­che Zeit ge­nutzt oder ob et­was völ­lig an­de­res ge­tan wer­den solle. Er ver­sucht, die Per­spek­ti­ve beim Blick auf die Le­bens­bi­lanz und die ak­tuel­le Si­tu­a­tion zu ver­än­dern, die „Ha­ben-Sei­te“ zu stär­ken: „Wie kön­nen Sie hier und heu­te le­ben, oh­ne er­neut zu be­dau­ern?“

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Blick ins Plenum der Fachtagsteilnehmer

Zum Ab­schluss des Sym­po­si­ums stell­te Ka­t­rin Gärt­ner al­len Teil­neh­mern noch­mals ih­ren Ver­ein „Wolfs­trä­ne e.V.“ vor. Seit nun­mehr 5 Jah­ren be­glei­ten die Mit­ar­bei­ter und Eh­ren­amt­li­chen Fa­mi­li­en mit Kin­dern, die vom (be­vor­ste­hen­den) Tod ei­nes An­ge­hö­ri­gen be­trof­fen sind. Frau Gärt­ner plä­diert da­für, Kin­dern die Wahr­heit zu­zu­trau­en, sie da­bei al­ters­ge­recht zu be­glei­ten. Ge­ra­de Kin­der müs­sen den Tod im wört­li­chen Sin­ne „be­grei­fen“. Des­halb soll­ten sie bei der Ab­schied­nah­me und Be­stat­tung ein­ge­bun­den sein oder bei­spiels­wei­se das An­ge­bot er­hal­ten, den Sarg bzw. die Ur­ne zu be­ma­len. Wolfs­trä­ne e.V. leis­tet auch Kri­sen­in­ter­ven­tion bei plötz­li­chen To­des­fäl­len. Im 2021 er­öff­ne­ten Trau­er­zen­trum in Leip­­zig er­fah­ren die Kin­der und Ju­gend­li­chen Be­glei­tung, Zu­wen­dung und Aus­tausch mit Gleich­al­tri­gen, die so wie sie ei­nen Ver­lust im un­mit­tel­ba­ren Um­feld er­leb­ten. Für ju­gend­li­che Trau­ern­de or­ga­ni­siert der Ver­ein jähr­lich ei­ne Som­mer­aus­fahrt.

Bis­her konn­ten et­wa 700 Be­glei­tun­gen er­mög­licht wer­den. Meist sind die Kin­der und Fa­mi­li­en ca. 2 bis 3 Jah­re in Kon­takt mit dem Ver­ein. Die Ar­beit wird von der­zeit 6 haupt­amt­lich Mit­ar­bei­ten­den so­wie rund 40 Eh­ren­amt­lern ge­leis­tet und aus­schließ­lich durch Spen­den und Spon­so­ring fi­nan­ziert.

Ein sehr in­ten­si­ver, span­nen­der Pal­li­a­tiv­fach­tag liegt hin­ter uns. Ne­ben den Work­shops und den Vor­trä­gen im Sym­po­si­um gab es vie­le Mög­lich­kei­ten des per­sön­li­chen Aus­tau­sches un­ter den Teil­neh­mern. Mir bleibt, si­cher im Na­men al­ler, ein gro­ßes Dan­ke­schön und ho­he An­er­ken­nung aus­zu­spre­chen: an den Vor­stand des Pal­li­a­tiv­netz­wer­kes so­wie an Ma­de­lei­ne Kup­fer von der Ge­schäfts­stel­le für die tol­le Or­ga­ni­sa­tion, den Mut hier­zu in un­si­che­ren Zei­ten und das „Ge­spür“ für bren­nen­de The­men. Und nein, wir kom­men nicht nur we­gen Mit­tags­im­biss und Bäc­ker­ku­chen auch im nächs­ten Jahr sehr gern wie­der!

Kerstin de Schultz
Kran­ken­schwes­ter / Ko­or­di­na­to­rin am­bu­lan­ter Hos­piz­dienst des Hos­piz­ver­eins Leip­zig e.V.

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